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Was für Auswirkungen haben die Gaspreise auf Alu-Profile?

Was der Gasmangel für unsere Branche bedeutet.

Wir werden aktuell wirklich täglich gefragt, was die gestiegenen Gas- und Energiepreise denn mit unseren Aluminiumprofilen zu tun haben. Diese lägen doch schließlich bei uns im Lager.

Anfangs fanden wir das noch ganz spannend, konnten wir doch vielen Kunden unser tägliches Geschäft näherbringen. Mit den Wochen jedoch, machten sich auch bei uns Sorgenfalten deutlich bemerkbar. Ist wirklich so wenig über Aluminium und den Herstellungsprozess von Strangpressprofilen bekannt, oder ist ein Lager gar ein immerwährendes "Tischlein deck dich" ? Ein Lager füllt sich nicht von Zauberhand und Kontrakte reichen nicht ewig – so denn diese nach §313 BGB, oder Force Majeur überhaupt belastbar waren oder sind. Es ist nun mal nicht einfach ein Lager mit fast 3000 Tonnen (!) zu füllen und am Laufen zu halten. Wenn es das wäre, dann könnten es auch mehr.

1) Ein Lager ist nicht unbegrenzt

2) Wenn eine Abmessung leer ist, müssen wir auch neu fertigen

3) Aluminium, welches an der LME gehandelt wird, ist lediglich Reinstaluminium

4) Mit Reinstaluminium alleine können wir nichts anfangen.

5) Um aus Reinstaluminium die benötigten Bolzen zu gießen, muß man

a) Legierungsbestandteile kaufen – was ja aktuell recht schwierig ist 

b) Man muß das Ganze einschmelzen

6) Ein Bolzen muß auf Presstemperatur gebracht werden (ca. 420-550 °C)


 Und hier fängt das Problem mit dem Gas an:

• Um zu schmelzen, benötige ich GAS
• Um zu legieren, benötige ich GAS
• Um Bolzen auf Temperatur zur bringen, benötige ich GAS
• Um Werkzeuge vorzuheizen, benötige ich GAS


Das geht nicht mit dem Solarpanel auf dem Dach und einen Wasserstoffanschluß gibt es nicht. Warum gibt es den dann nicht? Weil man keinen Wasserstoff einfach so in Massen kaufen kann, der dann durch dieselben Leitungen fließt wie das Gas. In den Leitungen, die bei allen verlegt wurden, fließt eben kein Wasserstoff, sondern Gas - und wehe Sie fragen mal bei den Behörden an, ob sie die Leitungen auf Wasserstoff ändern können. Da sind sich die Bürokraten aller Länder einig im Ablehnen – egal ob EU oder Türkei oder sonst irgendwo unter 5000 km Entfernung.

Die gestiegenen Energiepreise in Europa belasten eben nicht nur die Endverbraucher, sondern auch die Hüttenbetreiber und Presswerke - und diese zahlen nun mal Gehälter und Löhne. Die Spirale der steigenden Preise und Folgen die damit einher gehen, ist toxisch!

Hohe Energiekosten machen den Metallproduzenten bereits seit Herbst 2021 zu schaffen, sodass sich laut der deutschen Rohstoffagentur Dera einige europäische Aluminiumhütten sogar gezwungen sahen, Kapazitäten stillzulegen. Das Ergebnis kann man sich dann ja mal denken. Vor allem die Aluminiumhütten sind durch die hohen Energiepreise massiv belastet. Die Produktion von einer Tonne Aluminium benötigt der Dera zufolge im Schnitt ca. 15 MWh elektrische Energie. Anfang Juli (Stand 06.07.) wurden auf dem deutschen Spotmarkt für eine MWh elektrischer Energie etwa 300 Euro verlangt. Damit würden sich nur die Stromkosten für die Herstellung einer Tonne Aluminium theoretisch auf ca. 4500 Euro belaufen.

Das Problem: An der Londoner Metallbörse (LME) wurden am selben Tag pro Tonne Aluminium nur 2300 Euro gezahlt. Unter diesen Rahmenbedingungen ist ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich. Da der Spotpreis Anfang August teils über 400 Euro/MWh liegt, lohnt es sich für einzelne Hütten nicht mehr benötigten Strom über die Börsen weiter zu verkaufen, anstatt hiermit Aluminium zu produzieren. Und wenn weniger Aluminium hergestellt wird, wird es teurer.

Die LME Notierung ist seit der Pandemie und dem Krieg aber nicht mehr nur das alleinige Maß aller Dinge. Immer mehr an Bedeutung gewinnt der physische Bestand in den Lagerhäusern der LME an Reinstaluminium. Der ist wegen der Stromkosten auf einem historisch niedrigen Stand. Und wenn die Bestände abnehmen, steigen die Prämien der Börse auf Aluminiummetall. Diese Prämien führen dann wieder zu den steigenden Kosten. Es ist nicht komplex – aber es erfordert eben ein gewisses Maß an Branchenverständnis. Irgendwann werden auch die letzten unserer Politiker verstehen, dass man „ohne“ Jobs eben auch nichts essen kann und nicht alle Bürger:Innen Stellen in der Wärmepumpenproduktion werden finden können. Ach ja: Hauptsache Gendern - dafür ist in der deutschen Politik Comedy ja immer Zeit.

Dr. Hinrich Mählmann, Präsident von Aluminium Deutschland (AD), betont hier zum Beispiel passend: „Aluminium ist durch seine Lösungskompetenz ein Schlüsselwerkstoff für die Verwirklichung des Green Deals. Für uns als energieintensive Industrie ist die aktuelle Strom- und Gaspreisentwicklung eine harte Belastungsprobe. Die oftmals mittelständisch geprägten Unternehmen der Aluminiumindustrie werden dadurch teils an den Rand ihrer Existenz gedrängt. Die deutsche und europäische Aluminiumindustrie leidet. Derweil floriert sie in anderen Teilen der Welt mit deutlich schlechteren Umwelt- und Klimastandards. Das ist Carbon Leakage par excellence. Wir benötigen eine zuverlässige und möglichst ökologische Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. Sonst besteht die Gefahr, dass wir uns in noch stärkere Abhängigkeiten von teils unberechenbaren Handelspartnern begeben.

Noch ist Gas für die Aluminiumindustrie und ihre Produktionsprozesse unverzichtbar. Sollte es zu einem Gas-Lieferstopp aus Russland kommen, hätte das dramatische Auswirklungen auf die Betriebe der deutschen Aluminiumindustrie und sehr bald auf die Vielzahl unserer Kundenindustrien“.

Und daher sinken die Preise eben nicht wie wir es uns alle erhoffen. Wenn diese sinken, dann weil mit aller Gewalt Lagerbestände abgebaut werden sollen - auch wenn dies Verluste bedeutet. Es bedeutet aber auch einen Gewinn an Liquidität.  Was das für Arbeitsplätze bedeutet wird einem dann schnell klar. Wenn also Preise sinken, dann steckt da oft mehr dahinter als so mancher glaubt.

Ja - wir haben ein volles Lager und können unseren Kunden helfen, Ihr eigenes Lager niedrig zu halten. Ist es aktuell eine Freude? Nein, es ist eine Damokles Schwert, was beständig schwingt. Es gehört zu unserem Geschäft, wie das Magnesium in AlMgSi0,5. Ohne geht es eben nicht.

Ihr

Stephan Josten 

 

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